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EDSB leitet Arbeiten zu einer neuen digitalen Ethik ein

28
Jan
2016

EDSB leitet Arbeiten zu einer neuen digitalen Ethik ein

Der Europäische Datenschutzbeauftragte (EDSB) hat heute angekündigt, dass die Arbeiten zu einer neuen digitalen Ethik jetzt anlaufen können. Der EDSB hat sowohl in der EU als auch weltweit eine breiter angelegte Diskussion zu der Frage in Gang gebracht, wie die Integrität unserer Werte gewährleistet und zugleich die Vorteile der neuen Technologien genutzt werden können. Auf seiner Rede anlässlich der Jahreskonferenz „Computers, Privacy and Data Protection (CPDP)“ erklärte er, dass er gestern einen Ethikbeirat eingesetzt habe, der die Nutzung der Vorteile der Technologie für die Gesellschaft und die Wirtschaft in einer Art und Weise ermöglichen soll, bei der die Rechte und Freiheiten natürlicher Personen gestärkt werden.

Giovanni Buttarelli, Europäischer Datenschutzbeauftragter (EDSB), erklärte dazu:Wir sind uns weitgehend darüber einig, dass jeder von uns mehr ist als die Summe unserer Daten, und dennoch werden wir mehr denn je durch unsere „Quantified Selves“ definiert. Unsere Privatsphäre ist fast schon zu einer Ware geworden, mit der Ideen und Produkte an uns zurückverkauft oder unser Verhalten beeinflusst werden sollen. Daher freue ich mich ganz besonders, ankündigen zu dürfen, dass der EDSB mit Unterstützung eines Ethikbeirats damit begonnen hat, die ethische Dimension der Beziehungen zwischen Menschenrechten, Technologie, Märkten und Geschäftsmodellen und ihre Auswirkungen auf die Rechte auf Privatsphäre und auf Datenschutz im digitalen Umfeld zu überdenken. Mit Hilfe dieses Beirats wollen wir in den kommenden Jahren einen neuen ethischen Ansatz aufzeigen, damit natürliche Personen nicht mehr auf bloße betroffene Personen in der digitalen Welt reduziert werden.“

Der aus sechs renommierten Persönlichkeiten, die Experten in ihrem jeweiligen Fachgebiet sind, bestehende Beirat wird die digitale Ethik aus unterschiedlichen wissenschaftlichen und praktischen Perspektiven betrachten.

Der EDSB fördert aber auch die Einbindung weiterer Vordenker im Rahmen des Projekts, damit ein breites Spektrum von Perspektiven vertreten und somit Ausgewogenheit und Vielfalt gewährleistet sind. Daher wird der Beirat auch andere Experten einbeziehen, etwa im Rahmen von Interviews und Workshops mit namhaften Vertretern der Wissenschaftsgemeinschaft rund um den Globus sowie mit Datenschutzexperten. Aus Gründen der Transparenz werden regelmäßige Zusammenfassungen der Arbeit veröffentlicht.

Neben der Bereitstellung des Sekretariats, der Infrastruktur und der Aufgabenbeschreibung wird der EDSB Ideen zur Arbeit des Beirats beisteuern, etwa zu der Frage, wie Erfahrung, gesunder Menschenverstand und Moral bei automatisierten Entscheidungsprozessen einbezogen werden können. Ansonsten wird von den Mitgliedern des Beirats, die keine Vergütung erhalten, erwartet, dass sie selbständig und frei von jeder Einmischung oder von Interessenkonflikten tätig werden.

Es wird vom Beirat erwartet, dass er seine Erkenntnisse, Empfehlungen und Standpunkte in Form von Berichten (Zwischen-, Diskussions- und Abschlussberichte) vorlegt, die auf öffentlichen Sitzungen und Workshops mit Unterstützung von renommierten Moderatoren präsentiert werden. Bis Januar 2017 soll ein umfassender Entwurf für die öffentliche Konsultation vorgelegt werden, damit die breite Öffentlichkeit, zivilgesellschaftliche Gruppen und Branchenvertreter Beiträge zu diesen Diskussionen leisten können.

Zusammensetzung des Ethikbeirats

J. Peter Burgess ist ausgebildet in Ingenieurwissenschaften, Literaturwissenschaft, Politikwissenschaft und Philosophie. Er hält den Lehrstuhl für n Geopolitics of Risk an der Ecole Normale Supérieure, Paris, und gehört der Universität Kopenhagen, der Vrije Universiteit Brussel und der Universität Chicago an.

Luciano Floridi ist Professor für Philosophie und Informationsethik sowie Forschungsdirektor am Oxford Internet Institute, Universität Oxford. Informationsethik war lange Zeit einer der Schwerpunkte seiner Arbeit und ist Thema seiner zahlreichen Veröffentlichungen. Seit 25 Jahren entwickelt er Standpunkte zur Beziehung zwischen IT, Ethik und Politik.

Jaron Lanier ist Informatiker und Autor, der sich mit der Beurteilung und Kritik an der Technologie befasst, aber auch Komponist. 2014 wurde er mit dem Friedenspreis des Deutschen Buchhandels ausgezeichnet, und für sein Buch „Wem gehört die Zukunft?“ erhielt er 2014 den Goldsmith Book Prize der Harvard University. Als Gründer oder Inhaber mehrerer Start-up-Unternehmen schreibt und spricht er über High-Tech-Unternehmen, die sozialen Auswirkungen technologischer Verfahren, die Philosophie des Bewusstseins und der Information, Internetpolitik, die Zukunft des Humanismus und andere Themen.

Aurélie Pols ist von Beruf Wirtschaftswissenschaftlerin/Ökonometrikerin und Statistikerin und befasst sich seit Beginn ihrer Berufstätigkeit mit Datenanalyse. Sie ist eine wichtige Protagonistin im Bereich „digitale Daten“. Nach dem Verkauf ihres ersten Start-up-Unternehmens vor ein paar Jahren leitet sie heute ihr eigenes Consulting-Unternehmen in Spanien.

Antoinette Rouvroy ist eine belgische Wissenschaftlerin mit einem Doktortitel in Rechtswissenschaften, den sie in Florenz erworben hat. Sie ist als Wissenschaftlerin in York, Montreal und derzeit in Namur tätig. Ihre akademische Heimat sind die Rechtswissenschaften, die ihr als Ausgangspunkt für die Analyse der philosophischen, rechtlichen und ethischen Fragen in Verbindung mit Entscheidungsprozessen in einer sich herausbildenden Informationsgesellschaft dienten.

Jeroen Van den Hoven ist Professor für Ethik und Technologie an der Technischen Universität Delft. Er hat sich in seinen Arbeiten ausführlich mit den ethischen Aspekten der Informationstechnologie befasst. Seit 1999 ist er amtierender Dekan der Fakultät für Technologiepolitik und -management in Delft und begründender Chefredakteur der Zeitschrift Ethics and Information Technology.

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